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Die Technik der Uhr


Quelle: Universität Karlsruhe

 
Abschnitte in dieser Farbe eingefügt von Ulrich Fuchs
(aus verschiedenen Quellen zusammengestellt)
 

Seite 2












1. Antrieb

Beim Antrieb kann unterschieden werden zwischen den elektrischen und den mechanischen Antrieben.

1.1 Elektrischer Antrieb

Bei den elektrischen Antrieben gibt es zwei Systeme:
der direkte elektrische Antrieb, wie er bei allen modernen Uhren Standard ist, und der indirekte Antrieb, wie er bei elektromechanischen Uhren verwendet wurde.

1.1.1 Direkter elektrischer Antrieb

Der direkte Antrieb zeichnet sich dadurch aus, dass der Antrieb des Zeitnormals (Schwinger) durch elektrischen Strom erfolgt. Auch beim direkten Antrieb kann wieder zwischen den rein elektronischen Uhren (sprich Quarzuhren) und den elektromechanischen Uhren unterschieden werden.
Der direkte Antrieb regt bei Quarzuhren unter Ausnutzung des piezoelektrischen Effekts einen Quarzkristall zum Schwingen an. Bei elektromechanischen Uhren mit direktem Antrieb wird der mechanische Schwinger (Pendel oder Unruh) durch ein magnetisches Feld angetrieben.

1.1.2. Indirekter elektrischer Antrieb

Beim indirekten elektrischen Antrieb dient die Energie des Stroms nur zum regelmässigen Aufzug eines mechanischen Antriebes. Das Uhrwerk ist dabei ein konventionelles mechanisches Uhrwerk, dessen Gewicht oder Antriebsfeder in regelmässigen Zeitabständen aufgezogen wird.
Der Aufzug erfolgt dabei entweder im Abstand von einigen Minuten durch einen Elektromagneten (erkennbar an einem lauten Klacken) oder in grösseren Abständen durch einen Elektromotor (erkennbar an einem Surren).

1.1.3. Energiespeicher

Als Antriebsenergie wird im allgemeinen eine Batterie verwendet, in seltenen Fällen gibt es auch Uhren mit Netzanschluss, wobei allerdings fast immer eine Pufferbatterie mit eingebaut ist, um die Zeitmessung während eines eventuellen Stromausfalls sicherzustellen. Weitere Energiequellen bei elektrischen Uhren wären die Solarzellen, die man bei Armbanduhren häufig findet, und als Einzelfall die Seiko Kinetik, die ihre Energie aus der Bewegung des Handgelenkes des Trägers bezieht. In beiden Fällen wird die Energie in einem Kondensator gepuffert.
Ein Sonderfall bei den elektrischen Uhren sind die Synchronuhren. Bei diesen Uhren wird die 50Hz-Wechselstromfrequenz des Lichtnetzes als Zeitnormal verwendet. Eine solche Uhr ist allerdings im strengen Sinne keine Uhr, sondern nur ein Zeitanzeigegerät, da die Zeitmessung im Elektrizitätswerk stattfindet. Bei Schaltuhren ohne digitale Anzeige ist diese Art der Zeitmessung relativ häufig.

1.2. Mechanischer Antrieb

Bei den mechanischen Antrieben gibt es wiederum zwei Systeme:

  • der Antrieb durch eine Zugfeder
  • der Gewichtsantrieb

Bei der Zugfeder wird die gespeicherte elastische Energie einer Spiralfeder zum Antrieb der Uhr ausgenutzt, beim Gewichtsantrieb die potentielle Energie einer Masse.
Viele mechanische Grossuhren besitzen neben der reinen Zeitanzeige akustische Sonderfunktionen, wie einen Wecker oder ein Stundenschlagwerk. Im allgemeinen erfolgt der Antrieb dieser Zusatzfunktionen auf die gleiche Weise wie der Uhrwerksantrieb, d.h. ein mechanischer Wecker besitzt Zugfedern für Uhrwerks- und Weckerantrieb, eine Kuckucksuhr Gewichte für Uhrwerk und Schlagwerk. Gelegentlich findet man bei moderneren Wanduhren einen Gewichtsantrieb für das Uhrwerk und einen Federantrieb für das Schlagwerk. Ein technischer Unterschied zwischen den Antrieben für Schlag- und Uhrwerk besteht im allgemeinen nicht.

1.2.1 Antrieb durch eine Zugfeder

Die Zugfedern bei Grossuhren und einfachen Kleinuhren bestehen aus wärmebehandelten Stahl. Nachteil dieses Materials ist die begrenzte Lebensdauer, da diese Federn nach langer Benutzung brechen können. Bei hochwertigen modernen Armbanduhren werden fast ausschliesslich Federn aus höchst komplizierten Legierungen verwendet, die weniger leicht brechen und ausserdem rostfrei sind. Beim mechanischen Antrieb mit Zugfeder gibt es zwei Systeme:

  • Antrieb mit offener Zugfeder
  • Antrieb mit umlaufendem Federhaus

Das Federhaus ist ein Bauteil, dass man in vielen Grossuhren leicht erkennen kann:
ein grosser Messingzylinder, der an einer Stirnfläche verzahnt ist. In diesem Zylinder ist die Zugfeder spiralförmig aufgewickelt. Die Verzahnung des Federhauses stellt das erste Zahnrad der Uhr dar. Im Gegensatz dazu steht die offene Feder, die in den meisten Weckern und einigen sehr billigen grossen Federzuguhren verwendet wird. In einer solchen Uhr ist die Spiralfeder offen eingebaut und als aufgewickeltes Stahlband im Uhrwerk zu erkennen.
Alle Armband- und Taschenuhren und alle besseren Grossuhren verwenden das umlaufende Federhaus. In diesem Fall wird die Zugfeder von der Achse des Federhauses aus (am inneren Ende der Feder) aufgezogen, die Kraftabgabe erfolgt am äusseren Ende der Feder, die am Federhaus eingehängt ist. Das Federhaus dreht sich also während die Uhr abläuft (daher der Name umlaufendes Federhaus).
Die Achse des Federhauses wird durch die Kraft der Feder zurückgetrieben (entgegen der Kraft des Aufziehenden). Man benötigt also noch ein Sperrad (Klinkenrad), das eine Bewegung entgegen der Kraft der Feder (d.h. das Aufziehen) erlaubt, aber nach dem Aufziehen die Achse des Federhauses gegen das Werkgestell abstützt. Das Klinkenrad ist also durch einen Vierkant kraftschlüssig mit der Achse verbunden, während die Klinke am Werkgestell befestigt ist.
Bei der offenen Feder erfolgt An- und Abtrieb der Feder am inneren Ende der Feder. Das äussere Ende der Feder ist am Werksgestell einghängt, und ist damit fest. Das erste Zahnrad der Uhr, das von der Feder angetrieben wird besteht damit aus zwei Teilen:
dem eigentlichen Zahnrad und dem Klinkenrad, an dem die Feder befestigt ist. Beim Aufziehen wird das Klinkenrad bewegt, während das Zahnrad in diesem Moment von der Kraft der Feder befreit ist.

Die beiden Systeme haben folgende Vor- und Nachteile:
Das umlaufende Federhaus erlaubt einen besseren und gleichmässigeren Ablauf der Feder; die Feder ist vor Umwelteinflüssen geschützt, ebenso ist das Uhrwerk bei einem eventuellen Federbruch vor der Feder geschützt und der Hauptvorteil: der Antrieb der Uhr wird während des Aufzuges nicht unterbrochen.
Die offene Zugfeder bietet nur den Vorteil, billiger zu sein. Als Zwischenform gibt es das feststehende Federhaus, bei dem die offene Zugfeder von einem Federhaus, das fest mit der Werksplatte verbunden ist, umgeben ist. Dieses System ist etwas einfacher als das umlaufende Federhaus und bietet die gleichen Schutzfunktionen von Feder und Werk. Es wurde allerdings nur sehr selten verwendet.
Die Unterbrechung des Antriebes während des Aufzugs lässt sich leicht feststellen:
wenn man an einem gewöhnlichen Wecker leicht am Aufzugsschlüssel dreht, wird das Ticken langsam leiser, nach einigen Sekunden hört es ganz auf. Bei einer Armbanduhr wird die Uhr immer weiterlaufen.

1.2.1.1. Vor- und Nachteile des Federantriebes:

Vorteil des Federantriebes gegenüber dem Gewichtsantrieb ist die Möglichkeit kleine und tragbare Uhren zu bauen, da ein Gewichtsantrieb eine Bewegung der Uhr natürlich nicht zulässt. Der grosse Nachteil des Federantriebes ist die Veränderlichkeit des Federantriebes während des Ablaufes. Eine Feder hat, wenn sie voll gespannt ist, wesentlich mehr Kraft, als wenn sie fast abgelaufen ist. Da alle Schwingungssysteme in mechanischen Uhren nicht ganz unabhängig von der antreibenden Kraft sind, führt dies zu einem ungleichmässigen Gang der Uhr.
Es gibt verschiedene Methoden um diese Ungleichheit der Antriebskraft zu reduzieren:
das effektivste Verfahren ist Schnecke und Kette, da dieses Verfahren im Idealfall zu einem völligen Ausgleich der Antriebskraft führt. Allerdings ist dieses System sehr aufwendig. Bei Taschenuhren mit Spindelhemmung war die Verwendung dieses Systems Standard (bis Anfang des 19. Jhdts.); bei englischen Taschenuhren wurde es wesentlich länger verwendet - bis zum Ende der Produktion von englischen Taschenuhren zu Beginn des 20. Jhdts. Fast bis in unsere Tage hat die Schnecke und Kette sich bei den Marinechronometern erhalten.
Das häufigste und einfachste System zur Verbesserung der Konstanz des Federantriebes ist die Beschneidung der Gangdauer. Eine Zugfeder hat nach dem Hookeschen Gesetz in erster Näherung einen linearen Zusammenhang zwischen Aufzugsweg und Antriebskraft. Baut man nun in eine Uhr, die einen Tag laufen soll, eine Feder ein, die nach zwei Tagen abgelaufen wäre, zieht diese Uhr aber trotzdem täglich auf, ändert sich die Federkraft nicht von annähernd 100 % auf 0% Kraft, sondern nur von 100% auf 50% (diese Zahlenwerte dienen nur der Darstellung der Verhältnisse - natürlich geht die Federkraft in einer Uhr nicht auf 0% zurück.). Ein anderer Effekt in diesem Zusammenhang ist, dass Zugfedern, die völlig aufgezogen sind, für kurze Zeit eine sehr hohe Kraft liefern (abweichend vom linearen Zusammenhang). Dieser Bereich kann durch eine Stellung abgeschnitten werden. Diese Stellung wird bei Armband- und Taschenuhren fast immer verwendet. Erkennbar ist diese daran, dass sich die Aufzugswelle beim Loslassen ein wenig zurückdreht. Bei Grossuhren und hochwertigen Taschenuhren wird gelegentlich eine Malteserkreuzstellung (benannt nach einem Bauteil in diesem System, das ein wenig wie ein Malteserkreuz aussieht) eingebaut. Diese Stellung verhindert zum einen, dass die Uhr ganz abläuft, zum anderen dass sie ganz aufgezogen werden kann.

1.2.1.2. Betätigung des Federantriebes:

Um den Federantrieb aufzuziehen gibt es zwei Möglichkeiten:
Bei Taschen- und Armbanduhren wird normalerweise der Aufzug über die Krone verwendet. Diese Krone erlaubt im allgemeinen durch Herausziehen auch noch das Stellen der Uhr, evtl. auch von Datum etc. Bei manchen älteren Taschenuhren muss zum Stellen der Uhr auf einen kleinen Knopf gedrückt werden, der sich neben der Krone befindet.
Bei alten Taschenuhren (teilweise bis Ende des 19 Jhdts. verwendet) und bei allen Grossuhren erfolgt der Aufzug über einen separaten Schlüssel.

1.2.1.3. Automatischer Aufzug des Federantriebes:

Beim Federantrieb gibt es noch zwei Sonderformen des Antriebs, die ein Aufziehen der Uhr überflüssig machen:
Sehr weit verbreitet ist der automatische Aufzug bei Armbanduhren. Dabei wird die Bewegung der Uhr am Handgelenk des Trägers ausgenutzt. Ein kleines Massestück, das exzentrisch auf einer Achse gelagert ist, versucht ständig 'nach unten zu hängen'. Diese Bewegung zieht über ein Getriebe die Zugfeder auf.
Ein zweites System zum automatischen Aufzug von Grossuhren verwendet die Atmos von LeCoultre. Hierbei werden Temperaturschwankungen, die es in jedem Raum gibt, zum Antrieb der Uhr genutzt. Da die dabei entstehenden Energien aber ungeheuer gering sind, muss ein spezielles Schwingsystem (Torsionspendel) verwendet werden.

1.2.2. Antrieb durch ein Gewicht

Bei vielen Grossuhren (bekanntestes Beispiel ist wahrscheinlich die Kuckucksuhr) erfolgt der Antrieb der Uhr durch ein herabfallendes Gewicht. Beim Gewichtsantrieb gibt es drei Systeme.

1.2.2.1. Der einfache Kettenantrieb

Sehr häufig wird der Kettenantrieb verwendet. Dabei läuft eine Kette über ein Sternrad (d.h. ein Ritzel mit zur Kette passenden Zähnen, ähnlich wie beim Fahrrad). Zum Aufzug der Uhr wird einfach am freien Ende der Kette gezogen. Dieses System ist sehr einfach, hat aber zum einen den Nachteil, das der Antrieb beim Aufziehen unterbrochen wird, zum anderen ist der Antrieb durch eine Kette immer etwas springend. Dieses System wird bei den meisten Kuckucksuhren, Schwarzwalduhren, vielen Stand- und Hausuhren verwendet.

1.2.2.2. Der Antrieb über Seil und Seiltrommel

Das zweite System ist der Antrieb über Gewicht, Seil und Seiltrommel. Bei diesem System wird ein Seil auf eine Seiltrommel gewickelt. Der Vorteil gegenüber der Kette ist die gleichmässigere Kraftabgabe des Seils. Dieses System wurde oft bei Präzisionsuhren verwendet, wobei das Seil oft aus Darm oder dünnen Metallseilen bestand, ferner bei 8-Tages- Schwarzwalduhren, Comtoise-Uhren und vielen englischen Standuhren. Der Aufzug erfolgt hier durch einen Schlüssel oder eine Kurbel. Auch dieses System hat den Nachteil, dass der Antrieb während des Aufzugs unterbrochen wird. Da das Seil oft bei Präzisionsuhren verwendet wurde, bei denen einige Sekunden Fehlzeit während des Aufzugs zu grossen Fehlern führen würde, wurden hier oft Hilfsmittel eingebaut, die den Antrieb während des Aufzuges erhalten (Gegengesperr).

1.2.2.3. Der Antrieb nach Huygens

Das dritte System ist der Antrieb nach Huygens. Dieses System vermeidet durch eine raffinierte Kettenführung die Unterbrechung des Antriebes während des Aufzugs. Dieser Antrieb wurde allerdings nur selten verwendet, da er nur mit einer Kette vernünftig funktioniert, und damit für Präzisionsuhren weniger geeignet war; für einfache Uhren war der höhere Aufwand gegenüber dem dort nur geringen Vorteil des unterbrechungsfreien Aufzugs nicht gerechtfertigt. Auch dieses System wird durch Ziehen an der Kette (von einem freien Ende kann man hier nicht sprechen, da die Kette bei diesem Aufzug endlos ist) aufgezogen.

10.08.2005