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Die Technik der Uhr


Quelle: Universität Karlsruhe

 
Abschnitte in dieser Farbe eingefügt von Ulrich Fuchs
(aus verschiedenen Quellen zusammengestellt)
 

Seite 3










2. Übertragung der Antriebsenergie auf das Zeitmessystem

2.1. Elektrische Antriebe

2.1.1. Direkte elektrische Antriebe

Bei den rein elektronischen Quarzuhren findet die Übertragung der Antriebsenergie auf den Quarzschwinger durch eine elektronische Baugruppe statt, deren Beschreibung nicht Aufgabe dieses Artikels ist (d.h. ich weiss nicht, wie das genau funktioniert).
Bei den elektromechanischen direkten Antrieben wird die Bewegung des mechanischen Schwingers durch einen Elektromagneten angeregt, d.h. das Prinzip ist ähnlich wie bei einem Elektromotor.
Uhren mit direktem Antrieb der Unruh (Unruhmotor) waren in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts relativ weit verbreitet. Man erkennt sie an der Tatsache, dass eine Batterie zum Betrieb nötig ist, sie aber doch eine Art Ticken von sich geben. Erfolgt das Ticken allerdings genau im 1-Sekunden-Rhythmus, handelt es sich um eine Quarzuhr; ertönt nebem dem Ticken alle paar Minuten ein 'Klack' oder in grösseren Zeitabständen ein Surren, handelt es sich um eine indirekt elektrisch angetriebene Uhr.
Bei Uhren mit Unruhmotor ist das Hauptproblem, der Unruh bei jeder Schwingung einen Antriebsimpuls zu geben. Dies wurde zuerst durch einen kleinen Schalter bewerkstelligt, später mit Hilfe einer sehr einfachen Elektronik.
Natürlich kann auch ein Pendel direkt elektrisch angetrieben werden, wie z.B. bei der Bulle- oderATO- Uhr. Diese Uhren sind meistens sehr charakteristisch, durch ein U-förmiges Pendel, das durch einen Elektromagneten hindurchläuft. Auch diese Uhren wurden bei jeder Schwingung eines Pendels angetrieben.
Eine Sonderform stellt die Hipp-Uhr dar, bei der das Pendel nur dann angetrieben wurde, wenn es in einem gewissen Mass an Energie verloren hat.

Ein Vorgriff auf ein späteres Kapitel sei gestattet: Das in elektromechanischen Uhren mit direktem Antrieb enthaltene Räderwerk dient nicht der Energieübertragung zum Schwinger, sondern nur zur Zeitanzeige (darin unterscheiden sich diese Uhren von den mechanischen Uhren, bei denen das Räderwerk beiden Zwecken dient.)

2.1.2. Indirekte elektrische Antriebe

Wie bereits oben erwähnt, zieht in einem indirekten elektrischen Antrieb entweder ein Elektromagnet oder ein Elektromotor einen konventionellen mechanischen Antrieb auf. Der weitere Verlauf der Energieübertragung ist also identisch mit den mechanischen Antrieben.
Beim Aufzug durch Elektromagneten ist die Konstruktion allerdings oft etwas anders als bei rein mechanischen Antrieben. Das häufige Aufziehen im Minutenrhythmus erfordert für den Antrieb nur einen sehr kleinen Weg (zum Vergleich: beim konventionellen Gewichtsantrieb fällt das Gewicht insgesamt oft 2m, bei einem Magnetaufzug weniger als einen Zentimeter). Deswegen wird oft eine Konstruktion verwendet, bei der ein kleines Gewicht auf einem Hebel sitzt, der sich konzentrisch auf der Achse des angetriebenen Rades befindet, und dort über eine Sperrklinke abstützt. Das Gewicht beschreibt also keinen linearen Weg nach unten, sondern bewegt sich auf einem Kreisbogen. Dieser Hebel kann ebenso durch eine zylinderförmige Feder (im Gegensatz zur Spiralfeder im konventionellen Federantrieb) betätigt werden. Im allgemeinen befindet sich an der unteren Stellung dieses Hebels ein Schalter, der ein erneutes Aufziehen der Uhr veranlasst.

2.2. Mechanische Antriebe

Die Übetragung der Antriebsenergie bei mechanischen Uhren erfolgt über das altbekannte Räderwerk, also ein System bei dem ein grosses Zahnrad in ein kleines Ritzel (in der Uhrmacherei als 'Trieb' bezeichnet) eingreift. Die Getriebe bei Uhren unterscheiden sich stark von Getrieben in normalen Maschinen. Zum einen findet immer eine Übersetzung ins Schnelle statt, zum anderen sind wegen der hohen Übersetzungen die Verhältnisse der Anzahl der Zähne zwischen Zahnrad und Trieb (Ritzel) wesentlich höher (oft 10:1). Ein Unterschied zwischen der Kraftübertragung bei Feder- und Gewichtsantrieb gibt es nicht.

2.2.1. Aufbau der Zahnräder

Zahnräder bei Uhren haben im allgemeinen folgenden Aufbau:
Die Welle ist gemeinsam mit dem Trieb aus einem Stück Rundstahl gedreht, die Zähne des Triebes werden gefräst. Eine Sonderform der Triebe bei billigen Uhren sind die Hohl- oder Laternentriebe. Diese werden auf die Achse aufgepresst und bestehen aus einer Messingrolle (ähnlich einer Garnrolle). Die beiden Scheiben der Rolle werden mit einer Anzahl von Löchern versehen, entsprechend der benötigten Anzahl von Zähnen. In diese Löcher werden Stahlstifte gesteckt, die die Funktion der Triebzähne übernehmen. Diese Hohltriebe besitzen eine Menge Vorteile: zum einen sind sie billiger als die massiven (aus dem vollen gefrässten) Triebe, ferner lassen sie sich mühelos durch Auswechseln der Stifte reparieren, die Reibungsverhältnisse sind wegen der guten Politur des Stahldrahtes recht gut. Da diese Art der Triebe als klassischer Anzeiger für eine billige Uhr gelten, werden sie in besseren Uhren nie verwendet. In Kleinuhren wurden sie ebenfalls nicht verwendet.
Die radiale Lagerung der Welle erfolgt über den Zapfen, ein Absatz der Welle, d.h. der Durchmesser des Zapfens ist immer etwas geringer als der Durchmesser der Welle. Die axiale Lagerung erfolgt fast immer über die Schulter des Ansatzes Zapfen - Welle. In Fällen, bei denen sehr geringe Reibung gewünscht wird (bei Kleinuhren i. A. die Unruhwelle), findet die axiale Lagerung am Ende des Zapfens durch Deckplättchen statt.

2.2.2. Übersetzungsverhältnisse

Betrachtet man eine konventionelle Standuhr, so kann man beobachten, dass das erste Rad, also das an der Seiltrommel oder am Kettenrad befestigte Zahnrad, nur 5 - 7 Umdrehungen in der Woche macht. Das letzte Rad in einer solchen Uhr macht oft eine Umdrehung in der Minute, so dass man direkt den Sekundenzeiger daran befestigen kann. Wenn man die Übersetzung zwischen diesen Zahnrädern berechnet, kommt man auf einen Wert von 1:2016 (das erste Rad macht 5 Umdrehungen in der Woche, das letzte 10080). Das Räderwerk in einer mechanischen Uhr dient ab dem Minutenrad (also der Welle, auf der der Minutenzeiger sitzt) zwei Zwecken: Zum einen wird damit die Antriebskraft übertragen, zum anderen werden damit die Schwingungen des Zeitnormals gezählt. Dadurch sind die Übersetzungsverhältnisse in diesem Bereich des Getriebes festgelegt. Bleiben wir bei dem Beispiel einer Standuhr mit Sekundenpendel, dessen Hemmungsrad 1 Umdrehung in der Minute macht, so ist die Übersetzung zwischen Hemmungsrad und Minutenrad auf 60:1 festgelegt. Der Stundenzeiger ist übrigens bei nahezu allen Uhren nicht Teil des Antriebsstranges, sondern sein Umlauf wird über das Zeigerwerk vom Minutenrad abgeleitet.
Die kleinste Anzahl von Zahnrädern bei Uhren ist 3: das Antriebsrad, das Minutenrad und das Hemmungsrad. In den seltensten Fällen aber nur wird man mit diesen drei Zahnrädern auskommen. Um die Laufzeit zu vergrössern, wird im allgemeinen zwischen Antriebsrad und Minutenrad das Grossbodenrad eingefügt, ferner zwischen Minutenrad und Hemmungsrad das Kleinbodenrad. Bei Uhren mit langer Laufzeit oder hoher Schwingungsfrequenz können es auch noch weitere Räder sein.

2.2.3. Lagerung der Zahnräder

Der wichtigste Punkt beim Räderwerk ist die Vermeidung von Reibung. Zum einen ist die vorhandene Kraft in Uhren begrenzt und sollte in möglichst hohem Masse am Zeitnormal ankommen, zum anderen würde die Einführung sehr starker Federn oder schwerer Gewichte für einen starken Verschleiss im Räderwerk sorgen.
Die Reibung kann durch eine sorgfältige Lagerung der Zahnräder und durch eine geschickte Zahnform verringert werden.
Die Zahnräder werden bei Grossuhren und einfachen oder alten Taschenuhren in Löchern der Platinen gelagert. Dabei ist ein möglichst geringer Durchmesser der Zapfen von Vorteil. Die Reibungskraft wird zwar durch dünnere Zapfen nicht verringert; das zum Drehen benötigte Drehmoment (auf das es hier ankommt) verringert sich aber, da die Reibungskraft an einem kleineren Hebel (=Radius des Zapfens) wirkt. Wie vorher erwähnt, findet die axiale Lagerung der Achsen im Allgemeinen an den Zapfenschultern statt. Wenn sehr geringe Reibung erwünscht ist, wird die Lagerung mit Deckplättchen angewendet. Dabei werden axiale Kräfte von einer Deckplatte, die das radiale Lager praktisch nach aussen abschliesst, übernommen. Die Zapfen müssen dabei an der Spitze verrundet sein. Diese Art der Lagerung hat durch den wesentlich verringerten axialen Lagerradius (Radius bei Schulterlagerung = Radius der Welle, bei Deckplattenlagerung = punktförmig) wesentlich weniger Reibung. Dieses Verfahren wird hauptsächlich in Kleinuhren bei der Lagerung der Unruhwelle, evtl. der Hemmungsradwelle angewendet.
Ein weiteres Verfahren um die Reibung der Zapfen zu verringern ist die Anwendung von Steinen (i.A. künstliche Rubine) als Lagerwerkstoff. Die Paarung Rubin/Stahl weist eine noch geringere Reibung als Messing/Stahl auf, ferner ist durch die grosse Härte der Steine die Abnutzung geringer. Die Lagerung in Steinen wird bei Kleinuhren fast allgemein angewendet (Aufdruck auf Uhren '17 Rubis'), bei Grossuhren fast nur bei Präzisionsregulatoren und Marinechronometern. Weiter werden Steine für Paletten, Kugellagerkugeln und überflüssige Steine verwendet.
Ein weiteres Mittel zur Verringerung der Reibung in Uhren ist das Oelen der Lager. Früher wurden dazu verschiedene pflanzliche (z.B. gekochtes und gereinigtes Oliven- oder Leinöl) und tierische (Klauenöl) Oele verwendet, heute auch mineralische und synthetische Oele. Die Anforderungen an ein Uhrenöl sind wesentlich von normalen Maschinenölen verschieden. Die Druckfestigkeit muss höher sein, da sich durch die geringen Umlaufgeschwindigkeiten der Uhrenräder kein dynamischer Schmierfilm einstellen kann, ferner werden sehr hohe Anforderungen an die Altersbeständigkeit gestellt, insbesondere da eine Veränderung der Viskosität des Oels zu einer Veränderung der Reibungsverhältnisse führt, was den Gang der Uhr beeinflusst. Während in den meisten Maschinen das Oel beliebig herumfliessen kann und soll, muss das Oel in Uhren von selbst an seinem Platz haften (die sogenannte Oelhaltung), was durch die Oberflächenspannung des Oels und die Form der Oelstellen (z.B. durch Oelsenkungen) erreicht wird.

2.2.4. Zahnformen

In der Technik wird im allgemeinen zwischen der Evolventen- und der Zykloidenverzahnung unterschieden. Diese beiden Zahnformen entstehen durch geometrische Konstruktionen. In der allgemeinen Getriebetechnik wird die Evolventenverzahnung verwendet, die sich für Übersetzungen ins Langsame und geringe Unterschiede in der Zahnanzahl gut eignet. In der Uhrentechnik wird die Zykloidenverzahnung verwendet, aufgrund ihrer Vorteile bei der Uebersetzung ins Schnelle und der geringen Anzahl der Zähne bei den Trieben. Andere Zahnformen finden sich gelegentlich beim Aufzug (Wolfszähne bei den Aufzugsrädern von Kleinuhren, Evolventenzähne beim Aufzug von Turmuhren), ferner besitzt das Hemmungsrad eine von der Art der Hemmung abhängige Zahnform.

10.08.2005